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Projekt Tre Cime

TreCime

Die Drei Zinnen Nordwand-Trilogie

Die drei klassischen Nordwandrouten an den Tre Cime di Lavaredo sind „Cassin“ an der westlichen Zinne, „Comici“ an der großen Zinne und „Innerkofler“ mit Nordwandeinstieg an der kleinen Zinne. Der Markante Gebirgsstock der Drei Zinnen ist das Wahrzeichen der Dolomiten und befindet sich in Südtirol.

Die Cassin-Führe, 650m lang, ist einer der großer Klassiker in den Dolomiten, erstbegangen 1935 von Riccardo Cassin und Vittorio Ratti. Zu Beginn führt steiler werdende, teilweise etwas brüchige Kletterei zum Herzstück der Tour: der berühmte, lange und sehr ausgesetzte Quergang nach links. Hier befindet sich auch die Schlüssellänge der Tour (frei geklettert UIAA 8). Am Ende des Quergangs hat man dann aber trotzdem noch ein paar steile Seillängen und viele Klettermeter bis zum Ausstieg. Ein sehr impossanter Klassiker!

Die Comici-Führe, 500m lang, ist wohl der Klassiker des 6ten Grades (A0, frei geklettert UIAA 7) schlechthin. Sie wurde 1933 von Emilio Comici und Guiseppe und Angelo Dimai erstbegangen. Die Tour teilt sich in einen unteren sehr steilen andauernd schweren Abschnitt und einen oberen etwas leichteren Teil, der aber Orientierungssinn und Eigeninitiative bei der Absicherung erfordert.

Die Innerkofler-Führe mit Norwandeinstieg ist ca. 400m lang und die leichteste Nordwand (IV+) an den Zinnen. Sie wurde bereits 1890 von Sepp und Veit Innerkofler und deren Kundin H. Helversen erstbegangen. Der Nordwandeinstieg (III) führt über brüchige Bänder und Schrofen in den Nordwandsattel. Von da aus geht es einem Riss/Kamin System folgend in durchaus ebenfalls exponiertem Gelände zum Gipfel.

Die Drei Zinnen mit Cassin (gelb), Comici (rot), Innerkofler (grün)
Die Drei Zinnen mit Cassin (gelb), Comici (rot), Innerkofler (grün)

Idee und Motivation

Ich glaube ursprünglich kam mir der Gedanke die Nordwand-Trilogie der Zinnen zu versuchen, angespornt durch die Aktionen „Schrammsteine Riss-Quadrologie“ und „13 x 9er Gebietstour“ in der sächsischen Schweiz von Tino Tanneberger und Peter John sowie der gemeinsame Erfolg mit Tino am El Capitan über die Salathe Wall. Ich überlegte was man in die Richtung noch so machen könnte und fing also an zu recherchieren und stieß auf die „prominenten“ Erfolge der Nordwand-Trilogie.

Die waren alle ganz schön fix. An deren Zeiten wollte ich mich allerdings gar nicht messen, sondern einfach das Abenteuer an sich versuchen. Verdammt lange schwere Kletterei im alpinen Stil und dann auch noch 3 tolle Gipfel in einem Ritt. Das klang großartig. Als Partner konnte ich Stephan (Isee) Isensee super schnell für die Sache begeistern. Da wir beide sämtlichen Urlaub bereits anders verplant hatten, sollte es ein verlängertes Wochenende im August werden.

Der Plan

  • sich in Ausrüstung und Verpflegung gut vorbereiten
  • Isee kennt Cassin sowie Abstieg westl. & große Zinne
  • den Gipfelgrat um gesponserte Verpflegung bitten. Danke!
  • Auf ein Schön-Wetter-Wochenende warten
  • an einem Donnerstag nach der Arbeit zu den Zinnen zu fahren
  • Freitag Einstiege inspizieren sowie Verpflegung und Ausrüstung deponieren
  • Samstag klettern klettern klettern
  • Sonntag Pizza essen und zurückfahren
  • Training… naja außer in der sächsischen Schweiz viel klettern gehen ist da nichts passiert
Danke an Gipfelgrat für die energiereiche Unterstützung
Danke an Gipfelgrat für die energiereiche Unterstützung

Es geht los

Mitte Juli begannen wir nach schönen Wochenenden Ausschau zu halten, alles war soweit durchdacht und die Rucksäcke standen gepackt bereit. Da gab es nur ein Problem: Unter der Woche oft gut und am Wochenende eher schlecht. Dann gab es ein Wochenende was ok war, aber private Veranstaltungen den Plan durchkreuzten. Dann wieder ein Wochenende schlecht angesagt, aber es war doch gut. Ärgerlich. Einfach spontan schnell hinfahren ist von Dresden halt bissl schwierig wenn man Arbeiten geht. Das Wochenende um den 22. August sah dann endlich gut aus und wir wollten losfahren. Denise schloss sich uns spontan an um frische Bergluft zu schnuppern und für gute Laune sowie schöne Fotos zu sorgen. Wenige Tage davor kippte das Wetter aber doch wieder. Es hieß Samstag gut, aber kalt und die Tage davor und danach Regen. Isee meinte nur: Den Mutigen gehört die Wand, also fuhren wir los.

Die Aktion

Der Wecker klingelt 3.45 Uhr. Wider erwartend sind wir ziemlich wach, aber es ist echt sau kalt. Die Wolken haben sich verzogen und den Sternen Platz gemacht. Für den Tag sind nur 7° C angesagt. Wir frühstücken kalte Nudeln und brechen auf. Außer uns, ist noch keiner unterwegs. So direkt nach dem Aufstehen mitten in der Nacht treibt der Zustieg den Puls gleich schon mal in die Höhe. Isee kann einfach nicht langsam laufen.

5.15 Uhr steigt Isee noch im Dunkeln ein. Die ersten Seillängen sind nicht sehr schwierig und auch die Orientierung klappt gut. Die Sonne geht inzwischen in herrlichen Farben auf und schwupdiwup sind wir schon am berüchtigten Cassin Quergang. Hier quert man über einem Dach in 150m Höhe ca. 100m sehr exponiert nach links in die Nordwand-Mitte. Wir wollen alles frei klettern und so erwarten uns ein paar Stellen bis 8. Es ist wirklich schwierig und die Absicherung an den Normalhaken etwas gruselig. Aber die Ausgesetztheit macht auch richtig Laune. Isee klettert die Schwierigkeit rotpunkt. Ich muss mich mal reinsetzen, aber zumindest alles frei. Nachdem Quergang kommt nochmal eine technische schwierige Kletterei und dann müssen wir durch einen Wasserfall, durch den vielen Regen zuvor, klettern. Das ist echt bäh.

Die nächsten Seillängen liegen etwas und sind wesentlich leichter, aber dennoch ziemlich anspruchsvoll. Wegen des vorangegangen Wetters sind keine weiteren Seilschaften in der Cassin unterwegs. Nur ein beunruhigendes vibrierendes Rauschen begleitet uns manchmal. Steinschlag! Hin und wieder kommen Felsbrocken hinunter gesaust. Wir konnten sie im Fall nicht ausmachen, aber das Geräusch versprach eine bereits gefährliche Größe. Jedoch schien deren Falllinie anders als unsere Kletterlinie zu sein.

Gegen 11.40 Uhr sind wir oben und machen uns sogleich wieder an den Abstieg über den Normalweg. Den Einstieg der Comici erreicht man sehr schnell über die Scharte zwischen westlicher und großer Zinne. Diese lässt sich nämlich auch in die Nordseite absteigen.

 

Nach einer kurzen Mittagspause geht es an die nächste große Tour. Motiviert und voller Tatendrang steigen wir ein, werden jedoch in der 3. Seillänge recht schnell wieder von der Schwierigkeit 7 gebremst. Irgendwie fällt das jetzt doch schon schwieriger, vor allem mit dem Rucksack auf dem Rücken (der aber schon sehr leicht ist). Es ist tolle anstrengende luftige Kletterei. 200m geht es senkrecht nach oben. Isee führt sie alle und obwohl er auch schon sehr platt ist, klettert er alle im Onsight.

Eine weitere Herausforderung ist die große Verschneidung in der 9./10. Seillänge. Sie ist 5+ und nass. Nach all den bisherigen Klettermetern empfinde ich diese Seillänge als ganz schön zermürbend. Danach folgt nochmal ein sehr ausgesetzter, das Adrenalin hochtreibender, Quergang und wir stürmen Richtung Ringband. Als ich oben Isee gegen 20 Uhr nachhole, fängt es an zu hageln. Ich denke nur „Was soll das denn jetzt?!“ Es lässt wieder nach, aber sehr dichter Nebel zieht auf. Während wir uns an den Abstieg machen, wird es dunkel.

Nun begegnen wir doch noch 2 Seilschaften, welche von Hasse-Brandler und Dibonakante kommen und unseren Abstieg verlangsamen. Es wird immer kälter und mit unseren Stirnlampen können wir im Nebel kaum noch 10m weit sehen. Der Abstieg ist trotzdem kein Problem, da Isee den Weg kennt, aber wir haben Zweifel die kleine Zinne noch anzugehen. Irgendwann soll es auch wieder anfangen mit Regnen. Der Nordwandeinstieg zur kleinen Zinne ist unübersichtlich und es gibt wohl keine Stände. Außerdem gibt es ab dem Nordsattel mehrere Risssysteme, sodass wir uns die Orientierung bei diesem Nebel nicht mehr zutrauen. Und auf Grund des schlechter werdenden Wetters beschließen wir das Projekt Nordwand-Trilogie abzubrechen. Ist halt Hochgebirge!

Wir entscheiden uns aber unsere Depots noch einzusammeln, da es auch am Sonntag regnen soll. Das bedeutet noch eine komplette Umrundung der Drei Zinnen und dabei fängt es dann auch tatsächlich an zu Regnen. Also richtig entschieden, auch wegen der tiefen Temperaturen. So um halb 12 sind wir dann wieder am Auto, gönnen uns noch ein Bier und eine kleine warme Mahlzeit und kriechen durchfroren in die Schlafsäcke.

Tolles Erlebnis! Wir haben Cassin und Comici (33 Seillängen, 1150 Klettermeter) in 16 Stunden geschafft.

Ob wir es nochmal versuchen? Mal sehen.

 

Isee kletterte alle Seillängen auf Anhieb rotpunkt. Felix musste 3x im Haken ruhen. Für Felix waren beide Routen neu, Isee kletterte die Cassin bereits vor wenigen Jahren.

Danke Denise für die tollen Fotos.

Webcam Drei Zinnen Hütte

Bergwetter Drei Zinnen

2 Gedanken zu „Projekt Tre Cime

  1. Meine Fresse, Fele!!!
    Ihr seid ja verrückt. Das ist ja einsame Spitze! Du bist der erste Rohni, der so etwas gemacht hat.
    Ganz große Gratulation!!!!!!!!!

    Die Pizza in Misurina hätte ich evtl. auch geschafft!

    Gruß vom Schumm

  2. Heute wieder angesehen.
    Wir sehen uns am 14. November in der Jonsdorfer Hütte. Da hoffe nicht nur ich auf Deinen Bericht auch davon. Ich bin gespannt.
    Klaus

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